Famulatur in Tansania – Tropenmedizin, Notfallmedizin, Gynäkologie und Geburtshilfe

Tansania, Liuli, St. Anne’s Hospital (03.05.-06.06.2021)

Der afrikanische Kontinent hatte mich schon immer sehr fasziniert. Meine Wahl fiel auf Tansania. Fernab von den typischen Touristenorten in diesem Land erhoffte ich mir, einen realistischen Blick auf die Menschen dort, ihren Alltag und das Land zu bekommen. Meine Famulatur in Tansania gehört definitiv zu den wertvollsten Erfahrungen, die ich bisher machen durfte. In meiner Zeit am St. Anne’s Hospital in Liuli habe ich nicht nur medizinisch sehr viel gelernt, sondern habe auch das Gefühl, durch die Erlebnisse dort als Mensch gewachsen zu sein.

Entscheidung für das St. Anne’s Hospital in Tansania

Der afrikanische Kontinent hatte mich schon immer sehr fasziniert. Für mich war außerdem klar, dass ich gerne einen tieferen Einblick, als es als Touristin/Tourist möglich ist, erhalten wollte. Als ich das erste Mal vom St. Anne’s Hospital in Liuli/Tansania erfuhr, war ich sofort begeistert von der abgelegenen Lage direkt am Ufer des „Lake Malawi“.


Fernab von den typischen Touristenorten in Tansania erhoffte ich mir, einen realistischen Blick auf die Menschen dort, ihren Alltag und das Land zu bekommen. Von einem sehr hilfsbereiten Mitglied des Vereins „Friends of St. Anne’s e.V.“ hatte ich davon erfahren und spätestens nach genaueren Erzählungen über das Hospital und die Zeit dort, war für mich klar: Dort möchte ich auch unbedingt hin!

Bewerbung und Vorbereitung

Per E-Mail hatte ich dann Kontakt zu dem Verein „Friends of St. Anne’s e.V.“ aufgenommen. Daraufhin wurde ich telefonisch kontaktiert. Es war sehr angenehm, wie unbürokratisch die Bewerbung ablief und ich habe sofort viele Informationen über Anreise, Organisation und das Krankenhaus bekommen, die mir sehr weitergeholfen haben. Zwei Freunde durften sich mir anschließen, was meine Zeit dort natürlich enorm bereichert hat. Da die Semesterferien der nächsten zwei Jahre damals bereits „ausgebucht“ waren, würde ich eine längere Vorlaufszeit für die Bewerbung empfehlen. Ich hatte einfach riesiges Glück, dass es im selben Jahr noch geklappt hat und dass ich außerhalb der Semesterferien Zeit hatte.

Zur Vorbereitung ist es definitiv empfehlenswert, schon ein paar Worte und Umgangsformen in „Swahili“ zu lernen, da viele Menschen dort kein Englisch sprechen können. Vor allem die ausführlichen und zahlreichen Begrüßungsformen haben wir dort täglich gebraucht und diese sind auch nicht schwer zu lernen. Außerdem ist es für das Patientengespräch sehr sinnvoll, ein paar grundlegende medizinische Fachbegriffe in „Swahili“ zu kennen.

Zudem profitiert man davon, wenn man sich schon vorab mit den dort vorherrschenden Krankheitsbildern auseinandersetzt. Hierzu zählen zum Beispiel Malaria, Typhus oder Infektionen aller Art. Auch der Bereich Geburtshilfe nimmt eine sehr bedeutende Rolle im St. Anne’s Hospital ein, sodass eine Vorbereitung hier ebenfalls sehr sinnvoll ist.

Literaturempfehlungen

Zur Vorbereitung auf tropenmedizinische Krankheitsbilder empfehle ich das „Oxford Handbook of Tropical Medicine“. Außerdem hatte ich mir das „Blue Book“ der Hilfsorganisation “German Doctors e.V.“ zugelegt. Dieses erhält man, wenn man eine Anfrage über das Kontaktformular auf deren Website stellt. Gerne darf man sich für die kostenlose Zustellung des „Blue Books“ mit einer kleinen Spende bedanken. Mir persönlich war es wichtig, ein richtiges Buch in der Hand zu halten. Ansonsten gibt es auch eine pdf-Version auf der Website der Organisation, die man sich herunterladen kann.

Abenteuer Anreise

Es empfiehlt sich, nach Daressalam zu fliegen oder alternativ nach Sansibar City, wenn man vorher noch einen Aufenthalt auf Sansibar einbauen kann, wie wir es gemacht haben. Wir sind mit der Fluggesellschaft Qatar Airways geflogen und hatten einen kurzen Zwischenstopp in Doha/Katar. Von Sansibar sind wir dann mit der Fähre rüber nach Daressalam gefahren und haben dort eine Nacht übernachtet, da die Busse sehr früh morgens dort abfahren.

Traumhafter Blick auf die Steinformationen des Lake Malawi am Strand von Liuli in Tansania

Mit dem Bus ging es dann weiter bis nach „Songea“. Die Busfahrt dauerte ca. von 6:00 Uhr morgens bis 23:00 Uhr abends! Es gab sehr viele Bremshügel und die Fahrt war allgemein etwas wackelig. Wer also da Probleme hat, sollte sich vielleicht etwas „Vomex“ einpacken. Das große Gepäck wurde unten im Bus verstaut. Daher ist es sinnvoll, sich vorher eine kleine Tasche für die Fahrt zu packen. In „Songea“ angekommen, hatten wir dann eine Nacht übernachtet und waren am nächsten Tag nach „Liuli“ weitergereist, was nochmal ca. fünf Stunden dauerte. Davon waren es vier Stunden bis nach „Mbamba Bay“ und noch einmal eine Stunde nach „Liuli“ auf einer sehr wackeligen, abenteuerlichen Strecke.

Die Aussicht hierbei ist wahnsinnig schön und ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich das glitzernde Wasser des „Lake Malawi“, auch „Lake Nyasa“ genannt, das erste Mal sah. Die lange Anreise hatte sich für mich schon dafür gelohnt!

Weitere Vorbereitungen

  • Das Visum

Das Visum konnte man problemlos am Flughafen nach der Landung erwerben. Es kostete 50 USD, die man am besten in bar parat haben sollte.

Vor Ort musste man zusätzlich noch eine Arbeitserlaubnis erwerben!

(Anm.d.Red. Um auf der ganz sicheren Seite zu sein, sollte man sich immer rechtzeitig bei der Botschaft des jeweiligen Landes nach den aktuellen Einreisebestimmungen erkundigen. Hierbei sollte man unbedingt erwähnen, dass man sich nicht zu Urlaubszwecken, sondern zu einer medizinischen Tätigkeit im Rahmen seines Medizinstudiums im betreffenden Land aufhalten wird). 

  • Impfungen/geforderte ärztliche Untersuchungen

Für die Einreise nach Tansania und nach Sansibar waren keine Pflichtimpfungen vorgeschrieben, auch keine Gelbfieber-Impfung. Trotzdem hatte ich mich für diese zur eigenen Sicherheit entschieden. Außerdem hatte ich mich gegen Typhus, Tollwut, Cholera und Meningokokken ACWY impfen lassen und darauf geachtet, dass sich meine anderen Impfungen wie z.B. Polio oder Hepatitis A noch auf dem aktuellen Stand befanden. Für die Impfungen sollte man unbedingt genügend Zeit einplanen, da es zum Teil auch mehrere Impfungen sind!

Wichtig ist auch die Malaria Prophylaxe. Zum einen der Schutz vor einer Exposition mittels genügend (Deet-haltigem!) Mückenschutzspray sowie einem imprägnierten Mückennetz zum Schlafen, zum anderen hatten wir uns dazu entschieden, Malarone einzunehmen. Hier also rechtzeitig ein Rezept besorgen, da es verschreibungspflichtig ist und darauf achten, dass man genug Packungen hat (eine Packung enthält 12 Tabletten und man sollte 1-2 Tage vor der Anreise und noch 7 Tage nach der Ausreise täglich eine Tablette, am besten zu einer fettreichen Nahrung einnehmen).

  • Versicherungen

Es war keine bestimmte Versicherung vorgeschrieben. Man sollte auf jeden Fall vorher eine Auslandskrankenversicherung abschließen. Am besten eine, die auch den Rücktransport beinhaltet. Außerdem hatte ich zusätzlich eine Touristenmitgliedschaft bei „AMREF Flying Doctors“ abgeschlossen.

Das St. Anne’s Hospital in Liuli

Das St. Anne’s Hospital in „Liuli“ hatte ca. 100 Betten und ein sehr weiträumiges schönes Gelände. Es ist super nah am Ufer des „Lake Malawi“ gelegen und man fühlte sich dort sofort wohl. Die Mitarbeiter*innen waren alle sehr nett und hilfsbereit. Man tat sich auf jeden Fall selbst einen Gefallen, wenn man vorher schon etwas „Swahili“ gelernt hatte, da, wie bereits erwähnt, viele Menschen dort kein oder nur sehr wenig Englisch sprechen können.

Im Hospital gab es mehrere Krankenstationen. Eine für Schwangere und Gebärende, eine für Männer, eine für Frauen und eine für Kinder. Außerdem gab es ein Labor, einen Röntgenraum, einen OP-Bereich, hier wurden hauptsächlich Kaiserschnitte durchgeführt, und einen Ultraschallraum.

Das Verwaltungsgebäude des St. Anne’s Hospital in Liuli – Famulatur in Tansania

Die diagnostischen Möglichkeiten waren im Vergleich zu denen in einem deutschen Krankenhaus begrenzt. Im Labor wurden hauptsächlich Tests für Malaria und Typhus durchgeführt. Eine Untersuchung der Blutwerte war, bis auf einen Blutausstrich, nicht möglich. Aber das Schöne daran war, dass man lernte, sich nicht immer auf die Technik zu verlassen, und dass Fertigkeiten wie körperliche Untersuchung einen sehr hohen Stellenwert einnahmen. Dies hat mich persönlich jedenfalls sehr weitergebracht!

Unsere Unterbringung

Man wohnte im sogenannten „Doctor’s House“, einem schönen großen Haus direkt neben dem Hospital, mit zwei Schlafzimmern, einem Wohn-/Esszimmer und einer großen Terrasse, auf der man sehr gut entspannen und die Affen beobachten konnte.

Malerischer Blick von der Terrasse des Doctor‘s House – unserer Unterkunft am St. Anne’s Hospital in Liuli – Tansania

Außerdem gab es eine Köchin und Haushälterin dort. Das Essen schmeckte wirklich fantastisch und sie war unglaublich nett! Leider sprach sie jedoch kein Englisch, was die Kommunikation etwas schwierig machte. Die Betten hatten zudem eigene Mückennetze, aber ich würde trotzdem ein eigenes mitbringen, auch für die Zeit davor/danach in Tansania.

Unsere Famulatur am St. Anne’s Hospital in Liuli

Meistens begann unser Arbeitstag am St. Anne’s Hospital morgens im „OPD“ („Outer Patient Department“) – sprich in der Ambulanz. Hier stellten sich Patient*innen mit den unterschiedlichsten Beschwerden vor und man führte zunächst ein Anamnesegespräch. Hierfür war es sehr wichtig, ein wenig „Swahili“ zu sprechen und zu verstehen. Wir hatten uns dafür ein paar Notizen gemacht und am Anfang davon abgelesen, bis wir uns alles merken konnten.

Nachdem wir die Anamnese sowie eine körperliche Untersuchung erhoben hatten, stellten wir eine Verdachtsdiagnose auf und veranlassten Laboruntersuchungen – meistens Malaria-Schnelltests oder Widal-Tests bei Verdacht auf eine Typhus-Infektion. Dort gingen die Patient*innen dann selbstständig hin und kamen anschließend mit dem Ergebnis wieder zurück. Dann konnte man oft die endgültige Diagnose stellen und eine Therapie anordnen. Dies sollte natürlich in Rücksprache mit einem Arzt erfolgen. Generell arbeitete man sehr selbstständig, was wir wirklich genossen haben. Wir hatten das Glück, dass zur gleichen Zeit ein Arzt aus Deutschland vor Ort war, der uns sehr unterstützte und uns viel beigebracht hat.

Außerdem gab es noch einen weiteren Arzt aus Tansania, der uns ebenfalls viel erklärte. Hauptsächlich waren wir im „OPD“ oder auf den Krankenstationen unterwegs, wo wir den Arzt bei der Visite begleiten und am Krankenbett ebenfalls viele Untersuchungen durchführen durften. Auch bei der Dokumentation wurden wir eingesetzt. Dieses „Bedside-Teaching“ war sehr hilfreich für uns.

Zudem gab es außerhalb der Krankenzimmer „Teachings“ zu bestimmten Themen, hauptsächlich zu vorherrschenden parasitären Erkrankungen. Diese „Teachings“ wurden von einem sogenannten „Clinical Officer“, der ähnliche Tätigkeiten wie ein Arzt übernimmt, durchgeführt.

Im OP durften wir außerdem bei den Kaiserschnitten assistieren, was mein persönliches Highlight war!

Anders als in Deutschland durfte man schon etwas mehr am Tisch machen, als nur Haken zu halten, was es umso interessanter machte.

Blick in die Innenbereiche des St. Anne’s Hospital in Liuli – Famulatur in Tansania

Beim Untersuchen spielten vor allem Palpation und Auskultation mit dem Stethoskop eine besonders große Rolle. Auch bei therapeutischen Maßnahmen wie Wunden nähen oder Verbandswechsel durften wir assistieren bzw. diese unter Anleitung selbst durchführen. Es war wirklich toll, wie viel Verantwortung uns übergeben wurde. Trotzdem fühlte man sich aber nie allein gelassen und es gab immer jemanden, an den man sich wenden konnte!

Was die Arbeitszeiten betraf, so begann unser Arbeitstag im Hospital meistens zwischen 8:00 Uhr und 9:00 Uhr, obwohl sich das nicht immer ganz genau sagen ließ. Je nachdem, was noch zu tun war, endete der Arbeitstag so gegen 16:00 Uhr. Mittags machte man eine Pause und es gab Mittagessen beim „Doctor’s House“. Man arbeitete sieben Tage die Woche, aber am Wochenende den halben Tag und unter der Woche war man auch manchmal etwas früher fertig.

Finanzielle Aspekte der Auslandsfamulatur

Die größten Kosten waren für uns durch die Flüge entstanden. Ebenso für die Materialien, die wir mitgebracht hatten wie z.B. Handschuhe, Desinfektionsmittel, FFP2-Masken, chirurgische Masken, Verbandsmaterial usw. sind wir selbst aufgekommen. Die Malariaprophylaxe, Malarone wurde nicht von der Krankenkasse übernommen, ebenso wie Mückenspray, sowie die Impfungen verursachten weitere Kosten. Vor Ort durfte man großzügigerweise umsonst im „Doctor’s House“ wohnen. Der Köchin und Haushälterin zahlte man etwas, jedoch wirklich nicht viel.

Auf jeden Fall sollte man zudem noch etwas Geld einplanen, um vor oder nach der Famulatur etwas vom Land zu sehen und zum Beispiel, um eine Safari zu machen, so wie wir es gemacht hatten. Definitiv ein unvergessliches Erlebnis, das ich nicht missen möchte!

Tansania – das Land und seine Bewohner

Die Menschen in Tansania sind unheimlich herzlich und gastfreundlich. Egal, wo wir hinkamen – überall wurden wir überschwänglich mit offenen Armen empfangen!

Dies sorgte dafür, dass man das Land und die Leute sehr schnell ins Herz schloss und sich sofort wohl fühlte. In der Stadt Liuli waren die Menschen ebenfalls sehr warmherzig und hilfsbereit. Es gab ein paar kleine Einkaufsmöglichkeiten in Liuli, wo man das Nötigste bekam und auch ein paar Ausgehmöglichkeiten wie zum Beispiel „Michael’s“, was sich gut anbot, um ein leckeres Bier in guter Gesellschaft zu trinken. In guter Gesellschaft war man auch bei Joseph, einem Einheimischen, der am Strand eine Unterkunft betrieb und für die Studenten viele tolle Ausflüge organisierte. Joseph ist einer der liebsten und hilfsbereitesten Menschen, die ich je getroffen habe und hat einfach immer ein offenes Ohr. Mit ihm haben wir viele schöne Abende am Lagerfeuer am Strand verbracht.

Das Highlight für mich in Liuli war definitiv der wunderschöne „Lake Malawi“! Zu den Felsformationen im klaren Wasser zu schwimmen oder sich am Ufer im Sand zu sonnen, sind nur zwei von vielen schönen Beschäftigungen in Liuli.

Nach der Famulatur – Safari im Ruaha Nationalpark in Tansania

Nachdem wir uns nach der Famulatur schweren Herzens von Liuli verabschieden mussten, verbrachten wir noch vier Tage im „Ruaha Nationalpark“. Die Zeit dort und was wir gesehen haben, war wirklich unglaublich! Mit dem Bus waren wir von „Songea“ aus nach „Iringa“ gefahren und wurden dort von einem Mitarbeiter des Camps abgeholt.

Ich kann es wirklich jedem ans Herz legen, diese Erfahrung zu machen – es lohnt sich!

Wir haben uns definitiv zu keiner Zeit unsicher gefühlt. Natürlich sollte man immer seinen gesunden Menschenverstand einschalten, aber in Liuli nicht mehr als hier in Deutschland, würde ich sagen.

Mein Fazit – Famulatur in Tansania

Meine Famulatur in Tansania gehört definitiv zu den wertvollsten Erfahrungen, die ich bisher machen durfte. Ich bin dem Verein „Friends of St. Anne’s“ unglaublich dankbar, dass sie mir und meinen Freunden den Aufenthalt in Liuli ermöglicht haben und habe mich daher für eine Mitgliedschaft entschieden.

Mein Blick zurück – der Lake Malawi in Tansania in der Abenddämmerung

In meiner Zeit am St. Anne’s Hospital habe ich nicht nur medizinisch sehr viel gelernt, sondern habe auch das Gefühl, durch die Erlebnisse dort als Mensch gewachsen zu sein. Wenn Du die Möglichkeit hast, nach Liuli zu kommen, mache es unbedingt, Du wirst es sicher nicht bereuen!

Riske, N.

Frankfurt, Mai 2021
Famulatur in Tansania


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