Ghana, Accra, Korle-Bu Teaching Hospital (06.05.-28.06.2024)

Im Rahmen meines Praktischen Jahres verbrachte ich zwei Monate meines chirurgischen Tertials in Accra, der Hauptstadt Ghanas. Diese Zeit ermöglichte mir nicht nur einen tiefen Einblick in die medizinische Versorgung eines westafrikanischen Landes, sondern auch in die reiche Kultur und die herzliche Gastfreundschaft der Menschen vor Ort. Von hektischen Tagen in der Notaufnahme des Korle-Bu Teaching Hospitals, einem der größten Krankenhäuser Westafrikas, bis hin zu unvergesslichen Wochenendausflügen sammelte ich eine Fülle einzigartiger Eindrücke und wertvoller Erfahrungen.

Bewerbung und Vorbereitung

Die Bewerbung verlief erfreulich unkompliziert, wenn auch etwas Geduld gefragt war, da die Antworten nicht immer sofort erfolgten. Bereits ein Jahr im Voraus bewarb ich mich über die Organisation „Elective Ghana“ und erhielt zeitnah eine Zusage. Besonders wichtig war danach die rechtzeitige Beantragung des ghanaischen Visums.

Hierbei war mir Sefa, der  Ansprechpartner von „Elective Ghana“ vor Ort, eine große Hilfe. Alle benötigten Unterlagen wurden mir im Vorfeld von ihm per Mail zugeschickt. Auch die Unterkunft in der Nähe des Krankenhauses wurde im Vorfeld von Sefa für mich organisiert. Scrubs in verschiedenen Größen waren ausreichend in der Unterkunft vorhanden. Masken und Desinfektionsmittel waren häufig auf den Stationen verfügbar, jedoch empfehle ich, sie gegebenenfalls selbst mitzubringen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Vorbereitung war die Kostenplanung. Man sollte sich vor der Bewerbung darüber im Klaren sein, dass man für das „Medical Elective“ im Korle-Bu Teaching Hospital bezahlen muss. Einige Monate vor meiner Abreise erhielt ich ein Dokument, aus dem die genauen Kosten für das „Elective“ und die Unterkunft hervorgingen. Die Bezahlung erfolgte vor Ort in US-Dollar. Das Geld musste in bar mitgebracht werden und man sollte darauf achten, dass die Scheine in gutem Zustand und möglichst neu sind, da ältere oder beschädigte Scheine oft nicht akzeptiert werden. Diese und weitere hilfreiche Informationen erhielt ich rechtzeitig vorab per E-Mail.

Willkommen in Afrika - Das Krankenhausgelände am Korle-Bu Teaching Hospital in Ghana

Willkommen in Afrika – Das Krankenhausgelände am Korle-Bu Teaching Hospital in Ghana

Ghana ist ein Malaria-Hochrisikogebiet, daher ist eine medikamentöse Malariaprophylaxe unerlässlich und es empfiehlt sich, sich bereits vor der Abreise darum zu kümmern. Malarone Tabletten habe ich zwar auch vor Ort bekommen, allerdings zu einem deutlich höheren Preis als in Deutschland. Eine Gelbfieberimpfung war bei der Einreise obligatorisch. Es ist zudem auf jeden Fall empfehlenswert, sich rechtzeitig vor der Abreise über weitere empfohlene Impfungen beraten zu lassen.

Das Klima in Ghana ist ganzjährig tropisch heiß und feucht. Während der Regenzeit (ca. Mai – September) kühlt es etwas ab, aber die Durchschnittstemperaturen liegen auch dann noch bei ca. 28°C. Daher ist es wichtig, entsprechend zu packen. Leichte Kleidung, aber auch lange Sachen, um sich vor allem in der Dämmerung vor Moskitos zu schützen. Wer in der Regenzeit kommt, sollte auch an eine Regenjacke denken. Außerdem kann ein Moskitonetz hilfreich sein, um nachts ungestört schlafen zu können. Einige Zimmer in der Unterkunft in Accra waren mit Moskitonetzen ausgestattet, wie auch oft die Hostels und Hotels auf meinen Reisen durch das Land, diese waren jedoch oft nicht mehr im besten Zustand.

Alles in allem verlief die Vorbereitung und auch der Start in Accra dank der Unterstützung von Sefa reibungslos. Er stand stets für organisatorische und praktische Fragen zur Verfügung und unterstützte mich sowohl im Vorfeld als auch vor Ort in jeder Hinsicht. So konnte ich mich voll und ganz auf die bevorstehende Zeit in Accra konzentrieren.

Mein PJ-Abschnitt in der Chirurgie am Korle-Bu Teaching Hospital in Ghana

Das Korle-Bu Teaching Hospital in Accra zählt zu den größten Krankenhäusern Westafrikas. Während meines chirurgischen PJ-Abschnittes hatte ich dort die Möglichkeit, wertvolle Einblicke in das ghanaische Gesundheitssystem zu gewinnen und meine medizinischen Kenntnisse zu vertiefen.

An meinem ersten Tag durfte ich mir aussuchen, in welche Abteilungen ich rotieren möchte und für wie lange. Da man sich dies selbst frei einteilen konnte, bekam man die Gelegenheit, verschiedene Bereiche kennenzulernen. Ich begann mit einer Woche in der Plastischen Chirurgie und wechselte dann in die interdisziplinäre Notaufnahme. Dort gefiel es mir besonders gut, weshalb ich mich entschied, die restliche Zeit meines Aufenthalts dort zu bleiben.

OP-Tag am Korle-Bu Teaching Hospital in Accra – Ghana

OP-Tag am Korle-Bu Teaching Hospital in Accra – Ghana

Der Tag in der Klinik begann üblicherweise um 8:30 Uhr mit der Visite. Da die Patient*innen aufgrund des Bettenmangels auf den Stationen oft viele Tage in der Notaufnahme blieben, fand auch dort eine Visite statt. Diese dauerten meist sehr lange, da auf die Lehre großen Wert gelegt wurde. Leider war bei den Visiten oft sehr viel Personal anwesend, was es teilweise schwierig machte, diesen zu folgen.

Nach den Visiten habe ich mich meistens einer ärztlichen Fachperson angeschlossen und diese durch den Tag begleitet. Generell durfte man als PJler*in in der Chirurgie wenig praktische Tätigkeiten übernehmen. Dies bedeutete, dass man viel zuschaute, doch man konnte jederzeit Fragen stellen und es gab Personal, welches sehr gerne ausführlich erklärte und sich unheimlich viel Zeit für einen nahm und wollte, dass man so viel wie möglich mitnahm!

Vor allem das Durchgehen der Pathophysiologie der häufigsten Krankheitsbilder war unglaublich hilfreich. So habe ich nicht nur viel über verschiedene chirurgische und auch internistische Notfälle lernen können, sondern auch über die Art und Weise, wie man sich bestimmtes klinisches Fachwissen aneignet. Durch Eigeninitiative und aktives Nachfragen konnte man jedoch in der Notaufnahme auf jeden Fall mehr praktische Erfahrung sammeln als in einigen anderen chirurgischen Abteilungen des Korle-Bu Teaching Hospitals. Vor allem, wenn man eine längere Zeit in der Notaufnahme blieb und sich mit den Pflegekräften und Ärzt:innen anfreundete. Ich habe zum Beispiel unter Aufsicht Magensonden, Flexülen und Blasenkatheter gelegt und durfte auch bei der Wundversorgung und beim Nähen von Wunden helfen.

Beim Befunden in der Notaufnahme am Korle-Bu Teaching Hospital in Accra - Ghana

Beim Befunden in der Notaufnahme am Korle-Bu Teaching Hospital in Accra – Ghana

Die Pflegekräfte freuten sich außerdem sehr, wenn man im Triagebereich half, Patient:innen aufzunehmen. Dies war oft sehr spannend, weil man die Fälle von Anfang an begleiten konnte. Es ist auf jeden Fall auch empfehlenswert, sich ein paar Worte der in Ghana gesprochenen Sprachen „Twi“ oder „Ga“ anzueignen. Obwohl Englisch die Landessprache Ghanas ist und auch die Kommunikation im Krankenhaus auf Englisch erfolgte, verfügten Patient:innen aus ländlicheren Gebieten häufig nicht über entsprechende Sprachkenntnisse, was die Kommunikation erschweren konnte. Und nicht nur in der Notaufnahme, sondern auch darüber hinaus, freuten sich die Menschen sehr, wenn man ihre Sprache sprach und es half definitiv, schnell in Ghana anzukommen und neue Freund:innen zu finden.

Mittags haben wir uns auf dem Klinikgelände immer günstig ghanaisches Essen geholt. Dies war eine tolle Möglichkeit, die lokale Küche auszuprobieren. Danach sind wir meistens wieder in die Notaufnahme zurückgekehrt. Ich kann nur empfehlen, neben der Nachmittagsschicht auch mal einen Nachtdienst mitzumachen, weil dann weniger Personal vor Ort ist und man sich aktiv einbringen kann. Grundsätzlich waren die Arbeitszeiten in der Notaufnahme nicht besonders streng, was auf anderen chirurgischen Stationen etwas anders aussah.

Generell muss man wissen, dass die Arbeit in der Notaufnahme, ähnlich wie in Deutschland, oft sehr hektisch und chaotisch abläuft. Doch trotz  der oft sehr traurigen und belastenden Fälle war die Arbeitsatmosphäre immer freundlich und positiv. Insgesamt hat mir die Zeit in der Notaufnahme daher sehr gut gefallen. Die Erfahrungen und Kenntnisse, die ich dort sammeln konnte, sind unbezahlbar und ich kann jedem, der eine ähnliche Erfahrung machen möchte, eine Rotation in die Notaufnahme des Korle-Bu Teaching Hospitals nur empfehlen.

Wohnen und Leben in Ghana

Meine Unterkunft in Accra war recht einfach, aber wir hatten alles Notwendige vor Ort: Küche, Waschmaschine, ein Wohnzimmer mit Fernseher sowie Klimaanlagen in den Zimmern. Wenn Probleme auftraten, wie beispielsweise Strom- und Wasserausfälle, kümmerte sich Sefa umgehend darum.

Die Krankenhaus-Kantine am Korle-Bu Teaching Hospital in Accra – Ghana

Die Krankenhaus-Kantine am Korle-Bu Teaching Hospital in Accra – Ghana

Das Essen in Ghana war überwiegend westafrikanisch, mit vielen scharfen Gerichten. Es gab natürlich auch Cafés und Restaurants mit anderem Essen, aber diese waren jedoch häufig sehr teuer. Für den Transport zur Arbeit habe ich die „Trotros“ genutzt, die beinahe im Minutentakt an den Haltestellen vorbeikamen.  Man rief seine Wunschstation zu und stieg dann ein, sofern genug Platz war. Man könnte zwar auch den ungefähr  20-minütigen Weg zum Korle-Bu Teaching Hospital laufen, aber meistens war es dafür zu heiß. Alternativ gab es auch „Uber“ und „Bolt“, welche wir oft benutzten, um längere Strecken zurückzulegen oder abends durch Accra zu fahren.

Mittagspause in der Klinik mit unserem Lieblingsessen - Palava mit Reis und Avocado

Mittagspause in der Klinik mit unserem Lieblingsessen – Palava mit Reis und Avocado

Generell konnte man fast überall nur mit Bargeld bezahlen, da Kartenzahlungen selten möglich und hauptsächlich in „Uber“- und „Bolt“-Fahrten gewünscht waren. In teureren Restaurants und Cafés gab es aber meist auch die Möglichkeit, mit Karte zu zahlen. „ATMs“ fand man in „Malls“ und viele auch direkt auf dem Krankenhausgelände. In meiner Freizeit habe ich mir die Museen Accras angeschaut, war bei Salsa- und Karaokeabenden und habe viele tolle Märkte, Cafés und Restaurants besucht. Die Strände in der Stadt selbst waren leider oft sehr dreckig, daher musste man etwas weiter hinausfahren, um saubere zu finden.

Und frische Mango als Nachtisch in der Mittagspause an der Klinik

Und frische Mango als Nachtisch in der Mittagspause an der Klinik

Accra ist eine lebendige und oft auch chaotische, aber vielseitige Hauptstadt. Es gab unglaublich viel Sehenswertes und es wurde einem defintiv nicht langweilig. Hinsichtlich der Sicherheit musste man keine großen Bedenken haben. Natürlich gab es,  wie in anderen Großstädten der Welt auch, Taschendiebstähle oder Ähnliches. Mir und meinen Freund:innen ist aber nie etwas passiert und wir haben uns immer sicher gefühlt. Dadurch, dass meist auch andere Studierende in Accra waren, war man zudem selten alleine unterwegs.

Reisen in Ghana

Ghana ist ein wunderschönes Land mit einer großen Vielfalt an Landschaften und Aktivitäten. Von den größten Wasserfällen Westafrikas in der Nähe von Togo über Surfen in „Takoradi“, Elefantensafaris im „Mole Nationalpark“, lebhaften Märkten in „Kumasi“, Stränden und Wandern bis hin zu einem Besuch der Sklavenburgen in „Elmina“ und „Cape Coast“ – es gab unheimlich viel zu sehen. Reisen waren jederzeit an den Wochenenden möglich, um das Land zu erkunden. Viele der Ärzt:innen und Pflegekräfte ermutigten einen aktiv dazu.

Im Trotro auf dem Weg zur Arbeit in der Klinik

Im Trotro auf dem Weg zur Arbeit in der Klinik

Wichtig zu wissen ist, dass die Straßen leider oft in einem schlechten Zustand waren, weshalb man für manche Strecken sehr lange brauchte und wir eigentlich für jede Fahrt einen ganzen Tag eingeplant haben. Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen und einfach genügend Geduld und Zeit mitbringen. Ich empfehle jedem, auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, wie den „Trotros“ und Minibussen zu fahren. Auf diese Weise sieht man mehr vom Land, lernt viele nette Leute kennen, kommt schnell in spannende Gespräche, und erreicht am Ende geschafft, aber oft mit neuen Freund:innen, den gewünschten Ort. Auch hier half einem Sefa gerne im Vorfeld bei der Planung und auch unterwegs traf man immer Leute, die einem gerne weiterhalfen. Der Komfort in den „Trotros“ war zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber auch das gehörte zum Erlebnis dazu. Die Preise waren dementsprechend auch in Ordnung.

Entspannen im Ko-Sa Beach Resort in Ghana

Entspannen im Ko-Sa Beach Resort in Ghana

Mein Fazit

Alles in allem kann ich jedem, der seinen Horizont erweitern möchte und Interesse an anderen Kulturen hat, einen Aufenthalt in Ghana wärmstens empfehlen. Auch wenn ich am Anfang etwas gebraucht habe, um mich einzuleben und die neuen Eindrücke zu verarbeiten, war ich am Ende traurig, Accra und meine Freund:innen dort wieder zu verlassen. Ghana ist ein Land voller Herzlichkeit und ich habe nicht nur im Hospital, sondern auch auf meinen Reisen, viele Menschen kennengelernt, die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Diese Begegnungen haben meinen Aufenthalt sehr bereichert. Ich konnte außerdem wertvolle Erfahrungen sammeln und lernte Krankheitsbilder kennen, die man in dieser Form und Ausprägungen in anderen Teilen der Welt nur selten zu Gesicht bekommt.

Im Korle-Bu Teaching Hospital in Accra konnte ich nicht nur mein medizinisches Wissen erweitern, sondern auch Einblicke in ein Gesundheitssystem gewinnen, das sich deutlich von dem in Deutschland unterscheidet. Die Herausforderungen, vor denen die ghanaischen Ärzt:innen und Pflegekräfte stehen, sind enorm, doch ihr Einsatz und ihre Hingabe, sind inspirierend. Auch die Möglichkeit, in einem völlig anderen kulturellen Kontext zu arbeiten und zu leben, bietet eine wertvolle Perspektive und fördert ein tieferes Verständnis für globale Gesundheitsfragen.

Ausflug zu den Wli Waterfalls in Ghana - die größten Wasserfälle in ganz Westafrika

Ausflug zu den Wli Waterfalls in Ghana – die größten Wasserfälle in ganz Westafrika

Außerhalb des Krankenhauses gab es ebenfalls unzählige Erlebnisse, die meinen Aufenthalt unvergesslich gemacht haben. Ich habe die wunderschöne Natur Ghanas erkundet, bin zu Wasserfällen gewandert, habe mich an traumhaften Stränden erholt und die reiche, aber auch schmerzhafte Geschichte des Landes kennenlernen dürfen.

Die Kultur Ghanas ist faszinierend und die Menschen sind unglaublich gastfreundlich und neugierig. Ich habe mich ohne Ausnahme sicher und willkommen gefühlt und weiß jetzt schon, dass dies nicht mein letzter Aufenthalt gewesen sein wird. Die Erfahrungen und Erinnerungen, die ich dort gesammelt habe, sind unbezahlbar und ich bin dankbar für jede Begegnung und jede Lektion, die ich lernen durfte!

Julie Becker

Juli 2024


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