Krankenpflegepraktikum in Sri Lanka – Innere Medizin/Neurologie

Sri Lanka, Galle, Karapitiya Teaching Hospital (24.02.-26.03.2017)

Im Rahmen meiner Krankenpflegepraktika im Medizinstudium hatte ich bereits eines in Tansania absolviert. Ermutigt von dieser intensiven Erfahrung sollte es nun ein weiteres im Ausland sein. Meine Entscheidung fiel auf Sri Lanka. Was die Klinik betraf, so fiel die Wahl letztlich auf das zur University of Ruhuna gehörende Karapitiya Teaching Hospital in Galle.

Motivation

Warum geht man für das das Krankenpflegepraktikum ins Ausland? Für mich waren die Tage in Sri Lanka der letzte Monat meines noch ausstehenden Pflegepraktikums. Den ersten Monat hatte ich, zu meinem Leidwesen, in Berlin verbracht. Im krassen Gegensatz dazu zog es mich für meinen zweiten Monat des Krankenpflegepraktikums nach Tansania. Ermutigt von dieser intensiven Erfahrung sollte es nun Sri Lanka sein. Ausgesucht hatte ich mir das Karapitiya Teaching Hospital in Galle eher zufällig. Ich war auf den Stationen Innere Medizin und Neurologie tätig.

Atemberaubender Blick vom Adams Peak im zentralen Hochland Sri Lankas

Vorteilhaft für mich war, dass ich bereits drei Semester Medizin in Berlin absolviert hatte und ich daher aus dem Krankenhausalltag etwas mitnehmen konnte. Sofern man sich nicht vor dem Studium von Medizinstudierenden einschüchtern lässt, die einem die Semesterferien als zwingende Lernphasen verkaufen, ist das Krankenpflegepraktikum eine herausragende Chance, sich einem fremden Land anzunähern.

Bewerbung und Kosten

Ich hatte mich sechs Monate vor Praktikumsbeginn beworben, was sich als gerade noch rechtzeitig herausgestellte. Die Bewerbung erfolgte via Internet mit der Bewerbungsmaske für „Electives“ der Medical Faculty der University of Ruhuna. Der Bewerbungsprozess lief nur sehr schleppend und es war Eigeninitiative gefragt. Erhielt man innerhalb von ein paar Tagen keine Antwort, so musste man erneut schreiben, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Zu meinem Zeitraum waren rund 20 weitere Medizinstudierende aus Deutschland im Karapitiya Teaching Hospital in Galle, sodass das „Deans Office“ mit dem E-Mail-Austausch häufig überfordert war.

Die Verzögerungen im Bewerbungsprozess waren insbesondere deshalb nervenaufreibend, weil man nur mit einer Zusage ein Arbeitsvisum erhielt, das für den Krankenhausaufenthalt zwingend nötig war. Das Arbeitsvisum wurde nur für 30 Tage ausgestellt, es kostete 25 Euro und man musste während des Aufenthaltes nach Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas, um es für umgerechnet 140 Euro zu verlängern. Dies war besonders ärgerlich, da es bei meiner Verlängerung nur um fünf Tage ging!

Auf den Straßen in Colombo - der Hauptstadt von Sri Lanka

Auf den Straßen in Colombo – der Hauptstadt von Sri Lanka

Für das Karapitiya Teaching Hospital fielen zudem Gebühren von 50 USD pro Woche an, die zu Beginn des Praktikums entrichtet werden mussten. Neben diesen fixen Kosten für das Hospital und das Visum fiel wenig Weiteres an. Man konnte problemlos für weniger als 10 Euro übernachten, ein Mittagessen kostete häufig nur Cent Beträge und Busse als auch Bahnen waren extrem günstig. Lediglich Touristenattraktionen kosteten relevanten Eintritt, den man aber manchmal mit der Vorlage des Arbeitsvisums umgehen konnte.

Was die Unterkunft in Galle betraf, kann ich als preiswerte und herzliche Unterkunft in der unmittelbaren Nähe der Klinik das „Sonnenhediga Inn“ in „Karapitiya“ sehr empfehlen.

Meine Vorbereitungen

Ich tendiere dazu, lieber alles vor Ort zu regeln. Geimpft sollte man sein und Sonnencreme sollte man mitbringen. Alles Weitere konnte man hervorragend und meist günstiger in Sri Lanka bekommen, weshalb man versuchen sollte, mit so wenig Gepäck wie möglich zu reisen. Für das Krankenhaus brauchte man einen Kittel und ein paar Turnschuhe, Laptop oder Fachbücher konnte man in Deutschland lassen. OP-Kleidung wurde durch das Hospital zur Verfügung gestellt. Jeder Backpacker weiß, dass Bahnfahrten und Busfahrten um einiges schöner sind, wenn man wenig mit sich herumschleppen muss.

Tangalle Beach im Süden von Sri Lanka

Tangalle Beach im Süden von Sri Lanka

Literaturempfehlungen?Wenn man in Sri Lanka reisen möchte, sollte man auf jeden Fall auch einen Reiseführer mitnehmen, da das Land kulturell und landschaftlich unglaublich viel zu bieten hat.

Das Hospital

Das Karapitiya Teaching Hospital in Galle ist ein zentrales Krankenhaus in Sri Lanka und als akademisches Lehrkrankenhaus der University of Ruhuna umfassend ausgestattet. Die Klinik bestand aus einem großen, mehrstöckigen Komplex und es wurden sowohl ambulant als auch stationär viele Patient*innen behandelt. Für mich aus meiner Zeit im Krankenpflegepraktikum in Tansania schon bekannt, aber immer wieder beeindruckend, waren die Menschenmengen, die sich in den Stoßzeiten durch die Gänge des Hospitals drängten. Gerade während der Besuchszeiten waren die Gänge so voll, dass das Sicherheitspersonal Barrieren aufbauen musste, um Durchgänge für das medizinische Personal zu schaffen. Besonders überlaufen waren häufig die pädiatrischen Stationen, das Labor und die Ambulanzen.

Neben den genannten Stationen der Inneren Medizin und der Neurologie gab es viele spezielle chirurgische und innere Stationen, mehrere OP-Säle, und vom einfachen Röntgenbild bis zum MRT alles an operativer Diagnostik, was man auch in einer deutschen Klinik erwarten würde. Die Orientierung zu westlichen Standards war an den spezialisierten „Chest Pain“ und „Stroke“ Units erkennbar. Die Behandlungsmöglichkeiten entsprachen damit im Wesentlichen einer westlichen Klinik.

Blick auf das Karapitiya Teaching Hospital in Galle - Sri Lanka

Blick auf das Karapitiya Teaching Hospital in Galle – Sri Lanka

Das Gesundheitssystem in Sri Lanka ist, ähnlich wie das Gesundheitssystem im United Kingdom, steuerfinanziert und damit hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Mittel von der Wirtschaftsentwicklung des Landes abhängig. Eine medizinische Grundversorgung ist für jeden gegeben. Dies erklärt auch die im Vergleich zu anderen südasiatischen Staaten geringe Kindersterblichkeit und die allgemein bessere Gesundheitsversorgung in der Bevölkerung. Ohne sich mit Statistiken auseinander zu setzen, kann man an kleinen Details, wie dem durchschnittlichem Zahnstatus oder auch dem Patientenalter einschätzen, wie leistungsfähig ein Gesundheitssystem ist. Sri Lanka hat mich in dieser Hinsicht positiv überrascht.

Auch die typischen Krankheitsbilder und Patient*innen entsprachen weitestgehend meinen Erfahrungen in Deutschland. Anders als bei meinem letzten Krankenpflegepraktikum in Tansania dominierten hier nicht die Infektionskrankheiten wie z.B. HIV, TBC, Hepatitis, Malaria, sondern die Zivilisationskrankheiten zusammen mit dem häufig auftretenden Dengue Fieber.

Auffällig war, dass Patient*innen, wie auch in Tansania, relativ spät zum Arzt gehen und damit häufig wertvolle Zeit für Interventionsmöglichkeiten verloren geht. Aus meiner Sicht ist dies durch den geringeren Bildungsgrad, aber auch durch eine patriarchalische Arzt-Patienten-Beziehung bedingt. Durch das fehlende Verständnis für die eigene Erkrankung sind Patient*innen nicht voll umfänglich in der Lage, Verantwortung für ihren Heilungsprozess zu übernehmen. Deshalb hatten sich Patient*innen trotz ausreichender Therapieoptionen häufig in einem medizinisch schlechteren Zustand befunden, als dies in Deutschland zu erwarten wäre.

Meine Arbeit am Karapitiya Teaching Hospital

Mein Tag an der Klinik begann in der Regel um 8:00 Uhr morgens, wenn ich nicht durch den Oberarzt später einbestellt wurde. Um 9:00 Uhr begannen dann nach kurzer Vorbereitung durch die Assistenzärzt*innen die „Ward Rounds“ oder Patientenrundgänge. Genau wie in Deutschland gingen dabei Oberärzt*innen, Assistenzärzt*innen und Medizinstudierende zu den einzelnen Patient*innen und besprachen Verlauf und weitere Therapieoptionen. Um 12:00 Uhr verließen die Oberärzt*innen die Station und man übernahm mit den Assistenzärzt*innen und Schwestern die übrigen Aufgaben.

Während der „Ward Rounds“ wurde ich in der Regel abgefragt. Auch durfte ich mich selbst anhand von Röntgenbildern und CTs an Diagnosen versuchen. Je nach Arbeitsbelastung nahmen sich die Ärztinnen und Ärzte auch Zeit und erläuterten theoretische Zusammenhänge. Ich hatte das große Glück, dass zu meiner Zeit die einheimischen Medizinstudierenden Semesterferien hatten, ich also in der Neurologie der einzige Student auf Station war. Alle Ärzt*innen sprachen fließend Englisch, nur mit dem Pflegepersonal hatte die Verständigung manchmal nicht auf Anhieb funktioniert.

Die allgemeine Innere Station war eigentlich zu jeder Zeit überbelegt, entsprechend viel gab es dort zu tun. Ungefähr 60 Patienten waren in einem großen Raum untergebracht. Auch wenn hier die hygienischen Zustände eher schlecht waren, gab es dafür auf jeder Station einen „Sono“ und EKG, sowie einen Vitalparameter-Monitor für jeden Patienten. Zudem konnten Patient*innen problemlos mit Atemgasen versorgt werden. Häufige Krankheitsbilder waren hier Blutzuckerentgleisungen, Endokarditiden, Dengue-Fieber und alle Krankheiten, die mit dem metabolischen Syndrom assoziiert sind.

Innenansicht des Karapitiya Teaching Hospitals in Galle - Sri Lanka

Innenansicht des Karapitiya Teaching Hospitals in Galle – Sri Lanka

In der Neurologie, der ich hauptsächlich zugeteilt war, war die Situation entspannter. Hier gab es weniger Patient*innen und einen hervorragenden Arzt-Patienten Schlüssel. Häufige Erkrankungen waren Schlaganfälle, Nervenläsionen und Parkinson.

Insgesamt habe ich in meinem Krankenpflegepraktikum in Sri Lanka mehr zugehört und gelernt, als selbst aktiv zu handeln. Anders als in meinem vorangegangenen Krankenpflegepraktikum in Tansania, in welchem ich alles praktisch machen durfte, was ich mir zugetraut habe, war ich hier mehr in der Rolle des Studierenden im Untersuchungskurs.

Die Arbeitsbelastung konnte man selbst bestimmen; viele Medizinstudierenden verließen die Klinik bereits um 12:00 Uhr nach den Rundgängen. Wenn man jedoch mehr Einsatz zeigte, wurde dies von dem einheimischen Klinikpersonal mit interessanten Aufgaben oder Erklärungen honoriert. Insbesondere die „Grüppchenbildung“ mit den zahlreichen anderen ausländischen Medizinstudentinnen und Medizinstudenten sollte man unbedingt vermeiden. Dadurch zeigte man Integrationswillen in die vorhandenen Stationsstrukturen. Und man lernte viele nette tolle Leute kennen! Ich bin häufig erst gegen bzw. nach 15:00 Uhr gegangen.

Reisen in Sri Lanka

Sri Lanka bietet unglaublich viel zu sehen. Eine Woche nach dem Ende der Krankenhausarbeit war definitiv zu wenig, um dieses eindrucksvolle Land gebührend kennen zu lernen. Sowohl für Kulturliebende, Wanderer und Strandsuchende ist in Sri Lanka alles dabei. Besonders interessant sind die Strände im Süden, das Hochland im Zentrum des Landes und der kulturell anspruchsvolle Norden. Mir persönlich hat „Kandy“, eine alte Hauptstadt im Zentrum Sri Lankas, besonders gut gefallen. Ein weiteres Highlight sind die Zugfahrten in Sri Lanka insbesondere Richtung „Ella“ und „Kandy“. Bei offener Tür und langsamer Fahrt kann man für kleines Geld wunderschöne Landschaften bestaunen. Wer sportlich ambitioniert ist, sollte einen Sonnenuntergang auf dem „Adams Peak“ nicht verpassen.

Auch kulinarisch gibt es viel zu entdecken. Das Essen ist fast überall mit einer Vielzahl an unbekannten Gewürzen zubereitet. Es ist zugebenermaßen ziemlich scharf, nach spätestens einer Woche weiß man das jedoch zu schätzen. Mir kam der erste Döner zurück in Berlin tatsächlich ein bisschen fad vor.

Blick auf den Lake Kandy in Sri Lanka

Blick auf den Lake Kandy in Sri Lanka

Die Menschen in Sri Lanka sind sehr freundlich und hilfsbereit. Auch Straßenverkäufer neigen nicht dazu, einen zu nötigen, sondern lassen sich schnell abwimmeln. Das einzige, was in Sri Lanka störte, waren die Grapsch Attacken auf Frauen in Zügen und Bussen, die leider immer wieder vorkamen und auch in unserer Reisegruppe ein Problem waren. Als Mann von solchen Attacken verschont, möchte ich betonen, dass ich mich in Sri Lanka zu jedem Zeitpunkt meiner Reise sicher gefühlt habe.

Mein Fazit

Anders als in Tansania war ich bei meinem Krankenpflegepraktikum in Sri Lanka nicht so praktisch aktiv, dafür habe ich mir aber viel theoretisches Wissen angeeignet. Im Ergebnis entspricht meine Erfahrung in Sri Lanka vermutlich eher einer Famulatur und war daher eine gute Vorbereitung für spätere Semester.

Strandleben am Mount Lavinia Beach in Colombo - Sri Lanka

Strandleben am Mount Lavinia Beach in Colombo – Sri Lanka

Sri Lanka ist wunderschön und ich werde definitiv dorthin zurückkehren. Wer ein interessanntes Krankenpflegepraktikum oder eine Famulatur machen und dazu ein wunderschönes Land für sich entdecken möchte, dem sei Sri Lanka sehr ans Herz gelegt.

L., C.

Berlin, April 2017


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