PJ in den USA – Gastrologie und Nephrologie

USA, Chicago, Northwestern University (01.11.-27.12.2021)

Wer nach Chicago möchte, weiß wahrscheinlich warum. Hier ein paar Tipps, wie das am besten funktionieren könnte und wie man in der “City of the broad shoulders” eine wunderbare Zeit hat. Im Rahmen meines PJ-Abschnittes war ich zunächst in der Gastrologie, dann in der Nephrologie und war von beiden Fächern sehr begeistert! Ausgezeichnet war die Bereitschaft der Ärzt*innen, Fragen zu beantworten. Umfangreiche Fortbildungen rundeten das Ganze ab und erlaubten einen enormen Wissenszuwachs in kurzer Zeit!

Bewerbung & Motivation

Ich war über ein bilaterales Austauschprogram meiner Universität, der Charité – Universitätsmedizin Berlin, nach Chicago gegangen. Die Bewerbung über die Charité International Cooperation (ChIC) hat viele Vorteile. Man ist Teilnehmer*in eines bilateralen Austauschprogramms, hat also einen Ansprechpartner in den USA. Außerdem unterstützen Frau Lacroix und ChIC in Fragen der Anrechenbarkeit und im Austausch mit dem „Admission Office“ in Chicago. Ein enormer Pluspunkt ist natürlich, dass durch dieses Austauschprogramm keine Studiengebühren anfallen.

Die Bewerbungsfrist findet sich auf der Seite der Charité International Cooperation. Hier ist insbesondere das Motivationsschreiben wichtig. Man sollte sich wirklich überlegen, warum man als Medizinstudentin/Medizinstudent der Charité zu einem PJ-Abschnitt nach Chicago an die Northwestern University möchte und was einen von anderen Bewerber*innen unterscheidet. Grundsätzlich ist es so, dass es wesentlich mehr Bewerber*innen als Plätze gibt, und dass Bewerber*innen für den Chicago Austausch überdurchschnittlich motiviert und engagiert sind. Auf jeden Fall sollte man also einen Plan B bereithalten, um trotzdem das PJ absolvieren zu können oder sogar noch in einem anderen Land eine Auslandsrotation zu absolvieren.

Im Hintergrund der Willis Tower - das höchste Gebäude von Chicago und der drittgrößte Wolkenkratzer der USA

Im Hintergrund der Willis Tower – das höchste Gebäude von Chicago und der drittgrößte Wolkenkratzer der USA

Wird man von der ChIC nominiert, beginnt der eigentliche Bewerbungsprozess an der Northwestern University. Da jedoch nur so viele Bewerber*innen letztendlich nominiert werden, wie auch Austauschplätze bereitstehen, ist die Chance sehr hoch, dass man auch eine Zusage erhält. Wichtig ist, dass man sich rechtzeitig mit den Formalien (Impfnachweise, Impftiter, Visum, Konsulatstermine, Krankenversicherung etc.) auseinandersetzt. Die Amerikaner sind bei diesen formalen Kriterien sehr streng.

Flüge und Einreise

Da unser gesamter Aufenthalt während der Pandemie stattfand und Sondervorschriften galten, lohnt es sich nicht, darauf einzugehen. Man sollte sich nur im Klaren sein, dass die USA streng sind, wenn es um Einreiseerfordernisse geht. Die Flüge kann man leider erst buchen, wenn man eine offizielle Einladung von der Northwestern University hat, dadurch muss man leider mit über 500 Euro rechnen.

Die Wohnungssuche in Chicago

Chicago ist mit seinen Vororten eine riesige Stadt und der öffentliche Nahverkehr ist, auch wenn schon ausgezeichnet für amerikanische Verhältnisse, im Vergleich zu Berlin sehr lückenhaft. Sofern man kein Auto mieten und die horrenden Parkgebühren in Downtown zahlen möchte, empfiehlt es sich, innerhalb einer halben Stunde Fußweg vom Northwestern Memorial Hospital in Downtown zu wohnen. Mir hat die Region „Gold Coast“ und „Old Town“ dafür am besten gefallen, die über die „CTA RedLine“ und den „Loop“ auch sehr gut angebunden sind. Etwas interessanter finde ich allerdings die Region um die „CTA Brown Line“ Station Chicago. Diese ist ein wenig durchmischter als die sehr wohlhabende „Gold Coast“.

Wunderbar war für mich der Weg zur Arbeit in die Klinik entlang des „Lake Michigan“, welchen ich wegen eines ungewohnt warmen und sonnigen Winters in Chicago regelmäßig genommen habe.

Metra Link Chicago - ein Nahverkehrssystem der Metropole

Metra Link Chicago – ein Nahverkehrssystem der Metropole

Ebenfalls sehr interessante, wenn auch weiter außen liegende Viertel sind „Humboldtpark“, „Milwaukee Ave“ und Umgebung, „Chinatown“ und „Pilsen“. „Lincoln Park“ und die nahe gelegene „Montrose Beach“ sind großartige Ziele für ausgedehnte Spaziergänge.

Die Wohnungssuche in Chicago ist von Deutschland aus nicht einfach und sich ein privates Zimmer oder Wohnung zu organisieren, erfordert einigen Aufwand und Vertrauen, dass alles glattlaufen wird. Wesentlich einfacher ist die Wohnungssuche bei den auf „Expats“ und Austauschstudent*innen spezialisierte „Canterbury Court Apartments“. Die Unterkunft war zwar etwas teurer als eine privat organisierte Wohnung, allerdings konnte man auf den Tag genau kündigen oder auch unkompliziert um ein paar Tage verlängern. 

Verkehrsnetz in Chicago - Oberirdisch fahrende Brown Line bei Nacht - Ecke Kedzie

Verkehrsnetz in Chicago – Oberirdisch fahrende Brown Line bei Nacht – Ecke Kedzie

Nach der Ankunft in Chicago sollte man sich ein paar Tage Zeit geben, um Dinge wie Krankversicherung oder Dress-Code Einkäufe, je nach Station in der Klinik unterschiedlich streng, vorzunehmen!

Meine PJ-Abschnitte in der Gastrologie und in der Nephrologie

Der Stationsalltag war abhängig von der jeweiligen Rotation und verschiedene Fächer unterschieden sich deutlich. Entsprechend waren auch die Arbeitszeiten sehr unterschiedlich. Ich war jedoch meistens von 8:00-17:00 Uhr in der Klinik. Studientage gibt es nicht.

Ich war zunächst in der Gastrologie und dann in der Nephrologie und war von beiden Fächern sehr begeistert! Besonders stach heraus, wie viel individuelles Arbeiten von den Medizinstudierenden verlangt wurde, da einem zwischen drei und fünf Patient*innen zugeteilt wurden, deren „prior medical history“ man sehr genau kennen musste. Hatte man sich mit den Patient*innen vertraut gemacht, wurden diese erst durch die Medizinstudierenden „geprerounded“ und dann durch die Ärzt*innen und Studierenden „gerounded“.

Kernstück der studentischen Tätigkeit war die Patientenpräsentation, welche die diagnostischen und therapeutischen Überlegungen enthielt. Die Ärzt*innen nahmen die Präsentation der Medizinstudierenden sehr ernst und erwarteten umfangreiches Detailwissen und eine fundierte Einschätzung als auch eine Behandlungsempfehlung. Im Anschluss an die „Rounds“ wurden die Ergebnisse von den Medizinstudierenden verschriftlicht und mussten durch die Oberärztinnen/Oberärzte abgenommen werden.

Ausgezeichnet war die Bereitschaft der Ärzt*innen, Fragen zu beantworten und sich auch mit grundlagenwissenschaftlichen Fragen auseinander zu setzen! Umfangreiche Fortbildungen rundeten das Ganze ab und erlaubten einen enormen Wissenszuwachs in kurzer Zeit! 

Leben in Chicago

Chicago ist, wie Carl Sandburg schrieb, die „Stadt der breiten Schultern“, welche den Glanz einer amerikanischen Metropole bodenständig vereint. Wenn man sich gleich zu Beginn auf Menschen einlässt und bereit ist, auch außerhalb vom Glitzer Downtowns und den langen Arbeitstagen am Northwestern nach Erfahrungen zu suchen, wird in Chicago ein besonderes Amerika entdecken! Natürlich bestätigen sich auch viele Vorurteile, welche Europäer gegenüber Amerika haben. Chicago ist beispielsweise leider nach wie vor erst mit Hilfe eines Autos zu entdecken. Hier ist man auf Kontakte und Freunde angewiesen, die man während des Aufenthaltes in dieser Stadt hoffentlich findet.

Grandioser Blick auf die Skyline von Chicago am Lake Michigan - einem der fünf großen Seen

Grandioser Blick auf die Skyline von Chicago am Lake Michigan – einem der fünf großen Seen

Mein Fazit

Chicago hat mir aber auch ein wunderbar liberales und herzliches Amerika gezeigt, welches trotz großer sozialer Spannungen und politischer Verwerfungen immer noch eine erstaunliche Anziehung ausübt. Ich bin zehn Monate nach meinem PJ-Abschnitt zurückgekehrt, um meine Freunde dort zu besuchen!

Auch das ist Chicago - der Henry C. Palmisano Nature Park - ein Naturgebiet zum Entspannen

Auch das ist Chicago – der Henry C. Palmisano Nature Park – ein Naturgebiet zum Entspannen

P., X.

Berlin, Dezember 2022


Neueste Blogbeiträge auf Medizinerlaufbahn.de: