Schweiz, Luzern, Luzerner Kantonsspital (06.11.-31.12.2023)
Zwei Monate meines chirurgischen Tertials verbrachte ich als „Unterassistent“, entspricht dem deutschen „PJler“, in der Kinderchirurgie des Luzerner Kantonsspitals in der Schweiz. Meine Zeit in Luzern war intensiv, lehrreich und darüber hinaus verknüpft mit schönen Freizeitaktivitäten im Alpenland.
Bewerbung
Beworben hatte ich mich ein knappes Jahr vor Antritt der Unterassistenten-Stelle, wobei man sich für gewöhnlich doch eher zwei Jahre im Voraus in der Schweiz bewerben sollte. Studiengebühren wie etwa in Südafrika oder anderen Ländern außerhalb Europas fallen in der Schweiz nicht an, auch bekommt man meist mehr als das doppelte Monatsgeld (ca. 1.250 CHF/Monat), als es an den meisten Krankenhäusern Deutschlands der Fall ist.
Wunderbarer Blick auf den Hausberg Luzerns, den Pilatus, vom Vierwaldstättersee aus
Ich war allein nach Luzern gereist und kannte im Vorhinein fast niemanden vor Ort. Es war jedoch einfach und unkompliziert, Anschluss zu finden, da es jede Menge Unterassistent*innen im Spital bzw. im Personalwohnhaus gab.
Mein PJ-Abschnitt in der Kinderchirurgie am Luzerner Kantonsspital
In meinen zwei Monaten in der Kinderchirurgie am Luzerner Kantonsspital habe ich viel Verschiedenes sehen und ein paar Dinge auch selbst machen können. Die Kinderchirurgie am Luzerner Kantonsspital ist in mehrere Bereiche gegliedert: Zwei Normalstationen („1 West“ und „3 West“), eine Intensivstation („IPS“) für sowohl kinderchirurgische als auch pädiatrische Patient*innen, eine ebenfalls interdisziplinäre Kinder-Notaufnahme sowie insgesamt vier Operationssäle („OPS“).
Die Tätigkeiten der Unterassistent*innen in der Kinderchirurgie umfassten: Bei der Stationsvisite (7:15 bis 8:00 Uhr) mitlaufen und mitschreiben, um im Anschluss die Verläufe im Klinikinformationssystem „Epic“ zu dokumentieren. Anschließend fand täglich um 8:00 Uhr der Röntgen-Rapport mit dem gesamten Ärzt*innen-Team statt, bevor jeder seinen täglichen Aufgaben nachging. Eine davon war das Assistieren in verschiedenen Operationen. Die OP-Besetzung wurde jeweils am Vortag im Nachmittagsrapport eingeteilt. Ziel im „OPS“ war nicht, alles schon zu wissen, aber es wurde gerne gesehen, wenn man einigermaßen vorbereitet war und auch Fragen stellte.
Blick auf das Luzerner Kantonsspital
Im Verlauf des Mittags trafen jeweils die Eintritte für die Operationen am Folgetag ein. Die Aufnahmeuntersuchungen der Eintritte erfolgten immer durch eine Unterassistentin, einen Unterassistenten. Das Erstellen eines „A&S-Berichts“, Anamnese und Status/Körperliche Untersuchung, war dabei obligat. Dasselbe galt für postoperative Untersuchungen von Kindern, die nüchtern am OP-Tag gekommen sind, nach der OP jedoch stationär blieben.
Täglich um 15:00 Uhr in der Bibliothek war Nachmittagsrapport, bei welchem man als Unterassistentin/Unterassistent die aufgenommenen Patient*innen dann kurz und prägnant vorstellen sollte. Fast immer dienstags nach dem Nachmittagsrapport gab es einen „Journal Club“ durch eine Assistenzärztin/einen Assistenzarzt. Wenn möglich jeden Mittwoch nach dem Nachmittagsrapport sollte ein „Case of the day“ durch eine Unterassistentin, einen Unterassistenten präsentiert werden. Hierbei galt es, drei Powerpoint-Folien in ca. drei bis fünf Minuten vorzustellen. Die Herausforderung lag darin, die medizinische Problematik eines Falls so zu präsentieren, dass sie einerseits kompakt und kurz dargestellt war, andererseits aber auch Gelegenheit zum Lernen und Diskutieren ermöglichte. Ich persönlich fand dies im Nachhinein eine gute Übung und zudem eine Gelegenheit, um etwas dazu zu lernen. Im Erdgeschoss des Kinderspitals befand sich ein Übungsraum zum Laparoskopieren und Nähen, in dem man sich jederzeit an verschiedenen Übungen und Modellen versuchen konnte.
Blick aus den Zimmern des Kinderspitals in Luzern auf die malerische Bergkette
Ungefähr ein- bis zweimal im Monat fand die neuroorthopädische Sprechstunde statt. Hierfür kamen oft renommierte Neuroorthopäden aus Basel nach Luzern. In dieser Sprechstunde sollte jeweils eine Unterassistentin/ein Unterassistent dabei sein und sich bei Bedarf behilflich zeigen, z.B. um Röntgenbilder oder andere Diagnostik zu präsentieren. Ansonsten konnte man nach Rücksprache auch jederzeit in der Sprechstunde der Oberärzt*innen hospitieren.
Grundsätzlich handelt es sich in der Schweiz um eine 50-Stunden-Woche, was auch so in etwa hinkommt. Als Unterassistent*innen sollten wir zudem einmal pro Monat am Wochenende arbeiten. Hierfür bekam man dann zwei Tage unter der Woche als Kompensation frei. Kasak und Hose für die Arbeit in der Klinik sowie OP-Kleidung gab es vor Ort.
Mit der Auswahl des Luzerner Kantonsspitals war ich zufrieden. Es gehört zu den sogenannten „A-Spitälern“ der Schweiz und stellt demnach ein Haus der Maximalversorgung dar.
Unterkunft und Mobilität
Es gab ein sehr großes Personalwohnhaus des Luzerner Kantonsspitals, in welchem man als Unterassistentin/Unterassistent ein spitalintern subventioniertes Einzelzimmer für 370 CHF pro Monat inklusive Nebenkosten bekam. Das Spital befindet sich direkt nebenan und ist somit fußläufig in unter zwei Minuten zu erreichen. Viele andere Unterassistent*innen wohnen ebenfalls im Personalwohnheim. Hier habe ich viele coole andere Leute kennengelernt.
Ein Auto vor Ort zu haben, ist meiner Meinung nach sehr praktisch, aber kein Muss. Ich selbst hatte in meiner Zeit kein eigenes Auto. Empfehlenswert war dann ein „Schnupper“- „Halbtax“, mit dem 50 Prozent auf alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Schweiz erhielt.
Die Schweiz und Ihr hoher Freizeitwert
Luzern ist eine ausgesprochen schöne Stadt und besitzt einen hohen Freizeitwert. Ich war im November noch wandern auf dem Hausberg „Pilatus“ – weiter oben dann schon im Schneetreiben. Auch am „Vierwaldstättersee“ kann man in beide Richtungen sehr schön entlang gehen, joggen oder Rad fahren. Zum Joggen bietet sich auch eine kleine Runde um den nahe am Spital gelegenen „Rotsee“ an.
Malerischer Blick über Luzern und den Vierwaldstättersee
Im Dezember war ich mehrmals Skifahren in „Engelberg Titlis“. Mit „Snow’n’Rail“ von der SBB (Schweizerische Bundesbahnen) konnte man Skipass und Zugticket zusammen als Kombi-Paket für faire Preise buchen. Hierbei galt: Früh sein lohnte sich, denn je früher man buchte, desto günstiger waren die Kombi-Tickets. Der Zug hielt direkt im Tal und die Talstation war per Shuttle-Bus oder fußläufig in ca. zehn Minuten zu erreichen. Es gibt auch noch eine Reihe weiterer Skigebiete um Luzern herum. Auch die Weihnachtsmärkte in Luzern waren sehr schön, insbesondere „Rudolfs Weihnacht“ am Vierwaldstättersee.
Freizeit und Entspannen beim Skifahren in Engelberg Titlis
Das Leben in der Schweiz ist für die meisten Europäer*innen verhältnismäßig teuer. Dadurch, dass man hier als Unterassistentin/Unterassistent jedoch mehr verdiente als in Deutschland, kam man vor Ort ganz gut über die Runden.
Mein Fazit
Zusammenfassend durfte ich in meiner zweimonatigen Zeit am Kantonsspital in Luzern viele wertvolle Erfahrungen sammeln, spannende Dinge in der Kinderchirurgie sehen oder gar selbst machen. Die Freizeit, die man hatte, konnte man vielseitig und sehr sportlich gestalten. Ich könnte mir durchaus vorstellen, für eine gewisse Zeit als Arzt in der Schweiz zu arbeiten.
Traumhafter Blick auf den Vierwaldstättersee und die Berge vom Rand des Bireggwaldes
Ich hatte mein chirurgisches Tertial gesplittet und war vor meiner Zeit in Luzern zwei Monate in der Trauma Unit des Groote Schuur Hospital in Kapstadt. Den Kontrast zwischen diesen beiden Erfahrungen hätte ich mir viel unterschiedlicher nicht vorstellen können! Beides waren jedoch definitiv sehr gute und wertvolle Erfahrungen! Teile seiner medizinischen Ausbildung an verschiedenen Standorten der Welt zu verbringen, kann ich generell nur jedem sehr empfehlen.
B., D.
Schweiz, Luzern, Dezember 2023
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